Mittwoch, 11. Januar 2017

Kein Fetischobjekt!

Von Evelyne

Hä ja, da sind sie wieder, die Burkas. Nicht wirklich in den Strassen - aber auf den Plakaten. "Gähn", schon so oft gesehen, schon so oft aufgeregt. Aber eben nicht "Gähn", da "Kotz!" Immer und immer wieder "Kotz"!

Die SVP macht mit dem altbekannten Motiv der verhüllten Frau wieder einmal Stimmung gegen Ausländer. Dieses Mal geht es um die erleichterte Einbürgerung der Bewohner_innen dieses Landes, die bereits in dritter Generation hier sind. Auch das geht der SVP zu weit, denn auch Terzos sind versteckte Extremist_innen, wie uns das Plakat wieder einmal weiss (oder braun) machen will.

Fast genau so zum kotzen wie die Plakate, denen sich dank Millionenbudget kaum jemensch im Alltag entziehen kann, ist die Reaktion einiger, die sich über diese Plakate aufregen. Sie trumpfen mit Statistiken auf, in denen gezeigt wird, dass über 95% aller Terzos aus EU-Ländern oder allerhöchstens noch dem restlichen Europa stammen.

Ist das wirklich das Argument gegen Rassismus? Die Einbürgerung von Terzos ist darum nicht so schlimm, weil es eben nicht die anderen sind, sondern weil diese Leute aus Ländern kommen, die der Schweiz so ähnlich sind?



Right Emily! Das Plakat bedient sich dem weiblichen Körper, um sein rassistisches Argument zu machen. Dabei kann sich die SVP bis heute nicht einmal entscheiden, ob sie die verschleierte Frau nun befreien oder für eine Terroristin halten wollen.

Es gilt, was gerade so in den Kram passt. Will die SVP ihre hegemoniale Männlichkeit ausstellen, kommt sie mit Trompeten und Fanfaren, um die unterdrückte verschleierte Frau zu befreien; steht der xenophobe Stimmengewinn gerade an der Tagesordnung, bleiben nur noch die Umrisse der Verschleierten übrig und sie wird zur Gefahrenzone.



Das Gegenargument gegen die redundanten SVP-Plakate ist ganz einfach: Leute, die bereits in dritter Generation in einem Land leben, sollten die Möglichkeit haben sich ohne grosse Hürden einbürgern zu lassen - ob sie nun ein Kopftuch tragen oder nicht. Die verschleierte Frau ist kein Fetischobjekt anhand derer sich politische Kämpfe austragen lassen.

Montag, 24. Februar 2014

The Wolf of Wall Street


von Jasmine


Google ist weise.








Aufgepasst! Hier meine Rede an alle, die sie hören wollen, auch wenn ich dafür weder viel Geld (bzw. überhaupt Geld) noch einen Oscar bekommen werde und keinen Designeranzug trage und nicht in einer Luxusloft in New York wohne, wo mir meine Frau den Rücken freihält, so trage ich sie doch mit sehr viel Überzeugung und Enthusiasmus und wölfischem Geheul vor, und das wird ja wohl reichen, um gehört zu werden. Oder?
Oder?

Also.

Liebe Leute, die ihr „The Wolf of Wall Street“ gesehen habt, wie hat es euch gefallen? Alle anderen: Falls ihr ihn noch sehen wollt, macht euch auf etwas gefasst und lest jetzt nur weiter, falls es euch nichts ausmacht, vorab etwas über den Film zu erfahren.

Hoch lebe der Kapitalismus, der immer mehr will, grösser werden, der sich nicht um Konventionen schert, weil er sich die Regeln selber gibt, der sich stets treu bleibt, indem er alles und jeden verrät, ohne mit der Wimper zu zucken, ohne Rücksicht auf Verluste. Die Ideologie, die daraus besteht, eben keine zu haben.

„It’s me taking no for an answer. It’s them selling me, not the other way around. It’s me being a hypocrit is what it is. You know what? I’m not leaving!
(Übersetzung ungefähr: Das bin ich, der ein Nein akzeptiert. Es sind sie, die mich/mir verkaufen, nicht umgekehrt. Das bin ich, wie ich ein Heuchler bin. Wisst ihr was? Ich gehe nicht!)
 
   - Jordan Belforts plötzliche Einsicht, dass er sich nicht wie beabsichtigt der Justiz stellen kann, sondern weiterhin seine Firma weiterführen muss, weil er ansonsten seine Grundüberzeugungen verraten würde.

Leonardo di Caprio betrügt und lügt , fickt, ja vergewaltigt und vor allem kauft sich in seiner Rolle als Jordan Belfort so unglaublich charmant und eloquent durch diesen dreistündigen Film, dass man zwar den Sinn von all dem am Ende nicht recht versteht (Tipp: Der Sinn liegt darin, dass es keinen gibt und auch keinen hat), aber mit feuchten Äuglein im Publikum sitzt und denkt: „Ich habe die richtige Lösung! Ich weiss wie man den Stift verkaufen kann! Denn ich, ich, ich habe aufgepasst!! Ich weiss (jetzt), wie man’s machen muss!“




Ja, so sitzen wir, in den Bann gezogen.
Wir haben die Message angenommen, wie wir das uns halt so gewohnt sind und ich will sie nochmals wiederholen an dieser Stelle, ja, ich will sie euch in dieser meiner Rede nochmals entgegenbrüllen:
Lasst euch verführen!
Vom Geld oder der Aussicht darauf, von teuren Sportwagen, Yachten und Villen oder der Aussicht darauf, vom Bewundertwerden oder der Aussicht darauf, vom immergleichen Spiel des Gewinnenwollens, des Ersterseinwollens; lebt das schnelle Leben, habt nie genug, wollt immer mehr, erliegt dem Charme, liebe Kinobesucher (und legt eure Frauen flach.)
Lasst euch von den Jordan Belforts dieser Welt weiterhin mit Golduhren abspeisen, damit ihr ihnen eure Arbeitskraft und euer Geld geben könnt.
Lasst euch die Illusion verkaufen, jemals so reich werden zu können wie sie es sind.
Lasst euch die Illusion verkaufen, so reich wie sie sein zu wollen, sei ein erstrebenswertes Ziel, in das es sich lohnt, euer Leben zu investieren.


„Are you behind on your credit card bills? Good, pick up the phones and start dialing! Is your landlord ready to evict you? Good! Pick up the phone and start dialing. (...) I want you to deal with your problems by becoming rich! All you have to do today is pick up the phone and speak the words that I have tought you. And I will make you richer than the most powerful CEO in the United States of fucking America.“
(Übersetzung ungefähr: Bist du im Verzug mit deinen Kreditkartenrechnungen? Gut, nimm den Telefonhörer ab und fang an zu wählen! Will dein Vermieter dich rauswerfen? Gut! Nimm den Telefonhörer ab und fang an zu wählen! Ich will, dass ihr eure Probleme löst, indem ihr reich werdet! Alles was ihr heute machen müsst, ist den Hörer abzunehmen und die Worte zu hineinzusprechen, die ich euch beigebracht habe. Und ich werde euch reicher machen als den mächtigsten CEO in den verdammten Vereinigten Staaten von Amerika.)

           - Jordan Belfort, beziehungsweise Leonardo di Caprios epic speech


Lasst euch ja nie sagen, es gäbe eine Alternative zu dem ganzen Spiel.
Weil dann müsstet ihr euch ja plötzlich ernsthaft mit euch selbst und euren Mitmenschen auseinandersetzen.
Weil dann müsstet ihr euch ja plötzlich fragen warum.
Weil dann würdet ihr vielleicht plötzlich anfangen darüber nachzudenken, wie dieses System euch abhängig hält und wie ihr darin eingewickelt seid und davon profitiert, dass es anderen noch beschissener geht als euch.
Weil dann würdet ihr plötzlich merken, dass das Versprechen nicht wahr werden kann, denn es können ja nicht alle gewinnen, das liegt in der Natur der Sache – ohne Verlierer keine Gewinner. 

Das gilt selbstverständlich aber nur für euch alle und nicht für mich, denn ich werde gewinnen, weil ich ja weiss, wie man den Stift verkaufen kann.
Und alle diejenigen, die es nicht wissen, hätten halt besser zuhören sollen und besser mitdenken müssen und wenn sie das nicht tun, wenn sie beispielsweise gar nicht im Kino waren, weil sie sich das Ticket nicht leisten konnten, oder lieber einen Spaziergang machten, die sind halt selber schuld.
Hätten sie halt mal.
Ich hab halt.
So ist es gerecht.
Und wenn es nicht gerecht ist, so ist es halt einfach so.
Tja.
Nur nicht zu viel fragen. Sich ablenken hilft. Sei es mit Drogen, Sex, Gewalt, Nervenkitzel, Arbeit oder (nur) mit einem Kinofilm.

haha, Hilfe!

Das Popcornpack ist leer.
Da sitzen wir also.
Und? Wie fanden wir den Film?
Fanden wir ihn eigentlich ziemlich langweilig?
Fanden wir, er habe irgendwie keinen wirklichen Spannungsbogen, sondern sei nur eine Aneinanderreihung des Immergleichen?
Fanden wir die Reden abgelutscht oder irgendwie schon noch motivierend?
Fanden wir Leonardo di Caprio sexy?
Fanden wir all die nackten Frauen sexy?
Fanden wir es lustig oder doch schon etwas ungerecht, dass der Protagonist so ungeschoren davonkommt?
Fanden wir es verständlich oder doch ein wenig verwerflich, dass diese Männer reich werden, indem sie von armen Leuten klauen?
Fanden wir es nachvollziehbar oder nicht ganz in Ordnung, dass diese Männer reich werden, indem sie dadurch, dass sie manchmal Golduhren verteilen, aber die Gesamteinnahmen für sich behalten, diejenigen, die so gerne so wären wie sie, daran hindern zu merken, dass sie sich dringend andere Vorbilder suchen sollten?
Fanden wir es lustig oder etwas eklig, wie die weissen Heteromänner im Film die Nichtmänner und Nichtweissen und Nichtheteros als ihren rechtmässigen Besitz verstehen und dementsprechend behandeln?


Haben wir die Moral der Geschichte vermisst?

Mittwoch, 19. Februar 2014

1. Teil des Google-Gesellschaftsspiels - Identitätssuche

Jasmine

Wir sehen auf unserem Blog in den Statistiken, über welche google-Suchbegriffe jemand auf unsere Seiten stösst. Jemand ist über den Begriff "rumpelstitzchen"zu uns gekommen, wobei mir also nicht ganz klar ist wieso. Aber macht nichts, herzlich willkommen, wieso auch nicht. Am meisten Besuch haben wir von "sechseläuten"-Googler_innen, dies rund 358 mal, oder dann von Begriffen wie "böögg" oder "sechseläuten zürich" u.ä., was nochmals ziemlich viele gibt. Evelynes Artikel generiert also viele Klicks für uns - jeeee, was will mensch mehr 2014, als viele Klicks, ja?!

Nun.
Ob die Sechseläuten-Suchenden tatsächlich davon lesen wollten, wie sexistisch dieser Brauch ist, sei mal dahingestellt. Aber einige Suchbegriffe lassen keinen Zweifel zu, dass sie sich unter den Totalqualitywomen eine ziemlich andere Homepage vorgestellt haben müssen:

"mandingo kampf" ist offenbar ein beliebter Suchbegriff und führte fast vierzig mal zu Evelynes Django unchained Artikel. Nur gabs dann da eine Filmkritik und keine tödlichen Kampfszenen.

und jemand hat "mädchen gequält" gegooglet und ist auf unseren Tatort-Artikel gestossen.

Ja.
Ich mag das eigentlich gar nicht gross interpretieren, ich mein, was gibts dazu zu sagen? Ausser vielleicht - haha, seid ihr blöderweise auf einem feministischen Blog gelandet... Ups. Habt ihr vielleicht etwas gelernt? (... *seufz* wohl eher sofort weggeklickt und die richtigen gewaltzelebrierenden Homepages angesteuert).
Das Internet ist ein so gütiger Ort. Da kann mensch nach absolut allem suchen. Google bewertet dich dafür nicht, nimmt dich nur in die Statistik auf.

89 zu 100 zu 0 zu 0 - gesucht am 16.2.14 auf google.ch

jetzt können diese Statistiken natürlich auch beliebig interpretiert werden, vielleicht waren die"porno"-Suchenden auch alles Feministinnen, das schliesst sich ja selbstverständlich nicht aus. Vielleicht sogar sex-positive, denen empfehle ich übrigens diesen Erika Lust Film als kleines Leckerli. Sehr schön gemacht und (naja ziemlich) queer:

http://vimeo.com/20054789 - enjoy!

ähm .. wo war ich? ah ja, bei Google und was da so gesucht wird, tagein tagaus. Jede_r darf jederzeit alles fragen, alles suchen, wonach das Herz begehrt, auch nach Gewalt und Erniedrigung, nach schlichtweg allem. Und Google zeichnet auf, speichert Suchbegriffe, gibt Hilfestellungen (meistens übrigens sehr mühsam, was es mir da immer so vorschlägt), was ich vielleicht wissen will, anhand davon, was andere schon wissen wollten.
Und so kann ich also sehen, was schon oft in zusammenhang mit einem bestimmten Wort gesucht wird.
suche ich z.B. "kühe", sehe ich, dass dieser Suchbegriff auf google.ch am häufigsten mit "kaufen", "melken", "verstehen" und "in der schweiz" zusammen gesucht wurde.


Das sagt also etwas aus. Unter anderem, dass es offenbar Google-Nutzer_innen gibt, die Kühe kaufen und melken wollen oder zumindest daran in irgendeiner Art und Weise interessiert sind, und dass es auch googlende Menschen gibt, die darum bemüht sind, Kühe verstehen zu wollen und solche, die an spezifischen Kühen, nämlich Kühen in der Schweiz, interessiert sind.

Ich habe euch nun eine komplett wertfreie, ja objektive, ja sogar wissenschftlich-erprobte-und-als-neutral-bewiesene Google-Begriffsvorschlags-Zusammenstellung gemacht, die vielleicht lehrsam, teilweise traurig, manchmal lustig und immer offen für ein breites Spektrum an Interpretationen ist.
It's the 21st century bitch, Google ist unser aller Spiegel.
Deswegen für heute die Identitätsfragen zu Beginn:






Ich bin eine Biene, du kein Werwolf, ihr Lichtwesen und sie das Essen und wir die Jäger.
Daraus liesse sich doch ein hübscher Phantasy-Roman basteln.
Mein Lieblings: "du bist du text" - an sich ein Gedicht.

Dann werde ich draufgängerisch und will es jetzt aber wirklich wissen, nicht nur wer ich persönlich bin, sondern wer ich im gesellschaftlichen Sinn bin. So, gesellschaftlich halt. Ihr wisst schon:

Was sind Menschen?


Bananen.
Dann Schweizer (unter Schweizerinnen gibts nix!)?

Deutsche.
Und Frauen?

hm... Alles? Nichts? unwichtig? uninteressant? nicht in Worte zu fassen?

Okay, und Männer?

hm. Auch eher mässig aussagekräftig.

Jetzt hatten wir Frauen, Männer, Menschen und Schweizer - fehlen noch die Äusländer (liegt ja auf der Hand):


Da sind also tatsächlich Leute vor dem Computer gesessen und haben "ausländer sind dumm" gegoogelt. Ich meine - ernsthaft. Was hatten die wohl zu finden gehofft?

Es wird aber ja gesagt, das Internet sei zur Bildung da. Und es gibt durchaus Begriffe, die sich nachzuschauen lohnen, wie beispielsweise:


Sexismus ist gut und Vergewaltigung ist schön.


Da fragt sich:
?
Oder glauben wir eher:

? (und sehen das oben als letztes Aufbäumen einer im Geiste stehengebliebenen, priviliegienverlierenden Gruppe?)

Das gebe ich uns allen mit, zum Nachdenken, oder auch nicht, alles schnelllebig heute, jedenfalls gehts bald heiter weiter im Google-Gesellschaftsanalyse-Spiel, mit lustigen Dingen wie Homosexualität und Gerechtigkeit, mit Religion und Zukunft.
Für heute - danke fürs Lesen.
Mensch findet diesen Artikel unter anderem unter den Labeln "Menschen sind wie Bananen", "das 21. Jahrhundert ist weiblich", und der massentauglichkeithalber auch unter "Porno".

seid gegrüsst!


Donnerstag, 6. Februar 2014

Zur Kampagne der Anti-Abtreibungs-Initiative vom 9.2.14

von Jasmine

Nein, nein, nein.










Zur Abstimmung vom kommenden Sonntag.
Ich habe ein kleines Bastelprojektchen vorgenommen: Habe die Plakate für ein Ja zur Abtreibung-selber-bezahlen-Initiative überklebt.
Ich bin mir bewusst, worum es den Initiant_innen tatsächlich geht: Frauen (das sind für diese Leute schlichtweg Menschen mit Gebärmüttern), die mit Männern (was anderes kommt ihnen ja eh gar nicht in den Sinn) sexuell aktiv sind zu beschämen und grundsätzlich über weibliche Körper zu entscheiden, letzlich auch darum "Frauen" zu Müttern zu machen, womit sie wiederum verknüpfen, dass "die Frau" dann kontrollierbar wird. und so weiter und so fort, bla, bla, langweilt mich. Ich mag das grad nicht in aller Ausführlichkeit schon wieder durechätsche.

hier alles nachzulesen:

http://www.nein-angriff-fristenregelung.ch/de/argumente.html

Und die Zeitung "vorwärts" hat sich die Mühe gemacht, mit Argumenten auf den Schwachsinn einzugehen - danke dafür!!, da könnt ihr also gerne nachlesen, warum unbedingt ein Nein eingelegt werden muss am Sonntag:

http://www.vorwaerts.ch/news/antifeministische-scharade/

Im Artikel führen die "vorwärts"-Menschen zwei Dinge an, die in dieser Initiative zusammenkommen:

1. die religiösen/ frauen*feindlichen/ heteronormativen/ rassistischen Argumente (schaut euch die schöne Weisse Mami-Papi-2 Kinder-Familie an, ist doch reizend), die immer die Grundlage der Anti-Abtreibungsdebatte bilden
- mit denen ich mich eben im Moment nicht auseinandersetzen mag, weil sie immer gleich und immer zum Kotzen sind und die Anti-Abtreibler eh nicht auf irgendwelche Diskussionen aus sind und meine Energie grad woanders benötigt wird (z.B. für die Lesungen, die ich plane, für die Vorbereitung aufs neue Semster, für die Auseinandersetzung mit Menschen, die tatsächlich ein Interesse an meiner Person haben, fürs Webserien schauen und fürs in der Sonne sitzen, Kaffeetrinken usw.) -

2. die neoliberalen Anti-Solidaritäts-Idee
Diese nutzen die Initiant_innen als Verschleierung der unter 1. angeführten Argumente, da mit jenen glücklicherweise momentan in der Schweiz keine Abstimmung gewonnen werden kann. Deshalb appelliert die Kampagne auch nicht offiziell an "Werte", sondern ans Portemonnaie.
"Ich will doch keine Abtreibungen mitfinanzieren wollen" steht da. Wenn mensch das nun ernst nimmt (und damit so tut, als würde mensch diese Argumentation als Hauptanliegen der Initiative glauben) heisst das, dass Menschen, die keine Abtreibungen brauchen, sich nicht an den Kosten derjenigen beteiligen wollen, die tatsächlich eine brauchen. Aha.

Da stellen sich doch einige Fragen:
A) es gibt noch viele Dinge, die ich persönlich nicht brauche, die aber andere brauchen und für die deswegen die Gemeinschaft aufzukommen hat, da sie dringend benötigt werden. Dabei geht es vor allem um medizinische Notwendigkeiten, wie es eine Abtreibung ist.
Also stelle mensch sich vor: Ich gehe Bergsteigen, breche mir den Arm, danach brauche ich eine Operation und einen Gips und mehrere Nachbehandlungen. Doch die Krankenkasse zahlt nicht, weil alle anderen keinen Bock haben, sich an meiner Gesundheit finanziell zu beteiligen. Kommt noch dazu: Ich habe das Risiko ja gesucht, schliesslich war ich Bergsteigen, also: selber Schuld!! Streichen wir doch grundsätzlich den Solidaritätsgedanken, jede_r bezahlt nur noch für sich selber - muss mensch halt schauen, nicht krank zu werden ohne ausreichend finanziellen Mitteln, sonst ists dann halt Pech.


und alles, was ich sicherlich nie brauchen werde, das will ich nicht mitfinanzieren und wenn es meinen Mitmenschen noch so hilft und wichtig ist für sie:















B) sogar wenn ich in dieser abstrusen Argumentation bleibe - sie geht noch nicht mal auf. Wird eine benötigte Abtreibung nicht bezahlt und somit eine Frau* dazu gezwungen, einen Fötus auszutragen, ergibt es viel grössere Folgekosten, als die einmaligen meist geringen Kosten (die meisten Abtreibungen werden ambulant mittels Einnahme von Medikamenten, sprich ohne operativen Eingriff vorgenommen). Und meine (rhetorische) Frage an die Initiant_innen/ Initiativbeantworter_innen: Wollt ihr diese Kosten dann übernehmen? Oder hörts da dann wieder auf, wie es der Mutter* geht, das ist euch ja eh scheissegal, aber sogar wenn dann ein Kind da ist, ist es plötzlich nicht mehr in eurer Verantwortung dafür zu sorgen, dass es aufwachsen kann:






mühsame Sache, dass wir soziale Wesen sind, die sich gegenseitig helfen müssen. Es wäre viel bequemer, jene in Not einfach da zu belassen, vor allem dann, wenn ich mich auf der sicheren Seite wähne, dass ich selber nie (diese konkrete) Hilfe brauchen werde.
Ja.. soviel dazu.

Ich schliesse mit den Worten einer Freundin, die die neoliberale Anti-Abtreibungs-Idee folgendermassen zusammengefasst hat:
Für Schlampen (die ungewollt Schwangeren) und Psychos (alle Beteiligten, die Folgeschäden von erzwungenen ausgetragenen Schwangerschaften davontragen - allen voran die Kinder, die die Föten dann sind) zahle ich nicht. Denn mit denen kann ich mich nicht identifizieren.
(Aber vorschreiben, was sie zu tun haben, will ich ihnen natürlich allemal.)

Naja, ich kann mich mit Menschen in Notsituationen und mit sexuell aktiven Frauen, sowie mit Menschen, die wenig Geld haben und auf Unterstützung bei medizinischen Eingriffen angewiesen sind, sehr gut identifizieren. Aber auch wenn ich es nicht so unmittelbar könnte, es gibt schlichtweg niemals einen validen Grund aus eigennützigen Motiven heraus auf Solidarität zu verzichten und sogar andere dazu anzustiften, nicht solidarisch zu sein.
Nope.

Samstag, 5. Oktober 2013

20 Minuten Ärger


von Jasmine

Da steige ich doch ohne böse Vorahnung in den Zug, um von der Arbeit nach Hause zu fahren, Alltag halt, ein Tag, wie so viele andere, müde bin ich, da ich letzte Nacht mal wieder nicht recht habe schlafen können und ich will es mir also im halbleeren Wagen bequem machen - die Füsse auf das zusammengefaltete 20 Minuten legen (dafür liegen die doch da so ungefragt rum, oder?), entscheide mich dann aus Gründen des ergonomischeren Sitzens dazu, das Blatt auseinanderzufalten und bekomme dann zu lesen:

Feminismus ärgert Männer und Frauen

So titelt das 20 Minuten heute (Freitag 4. Oktober). "Ach, Mensch, warum?!" denke ich und bin einen Moment lang geneigt, die Zeitung einfach umzudrehen (gewisse Dinge vertrage ich nicht so nahe an meinem Körper) und trotzdem meine Beine darauf zu platzieren und mich weiterhin arglos des Wochenendes freuen, doch dann, ach, ach, merk ich, dass es schon zu spät ist: Es ist schon in meinem Körper drin. Ungefragt, unerwünscht eingedrungen, was für eine Anmassung, sitzt es jetzt nicht in meinen Unterschenkeln, sondern in meinem Kopf (meine Achillesferse allemal). Was will man da machen, man kann es da drin ja nicht verfaulen lassen, sondern muss es wieder irgendwie rausbefördern. Rauskotzen, wenn man so will, auch wenn man nicht will.
A propos wollen, wo wollen wir denn anfangen?
Beim Titel, denk ich jetzt mal, irgendwo muss man ja anfangen und das kann man ja grad beim Anfang. Also, der Feminismus ärgert also Männer und Frauen.

Frage 1: Welcher Feminismus? (gewisse feministische Strömungen ärgern mich nämlich durchaus, nämlich all jene, die nicht konsequent intersektional sind und die ihrerseits zur Reproduktion von Unterdrückungs- und Ausschlussmechanismen beitragen. Find ich ärgerlich, ja.)
Ach, ich kokettiere damit ja nur, selbstverständlich weiss ich sehr wohl, wovon die Rede ist, wenn ein Massenmedium (20 Minuten ist ja immerhin die meistgelesene Zeitung der Schweiz) das Wort "Feminismus" fällt: (ja, folgender Abschnitt ist hyperbolisch, aber leider eine durchaus viel zu realitätsnahe Zusammenfassung des Mainstream-Feminismus-Diskurses) "Der Feminismus" ist nämlich eine bedrohliche Bewegung, angeführt von Mannsweibern, die einerseits rumflennen, weil sie zu wenig verdienen, zuviel Hausarbeit leisten müssen und von Männern zu viele (oder zu wenige) Komplimente bekommen - wie ungerechtfertigt und undankbar! und die andererseits die Männer kastrieren wollen, ihnen also Jobs und Kinder klauen (oder sowas) - und dabei noch nicht mal hübsch und lieb lächeln - eine Frechheit ist das.
Das also ungefähr der Topf, der geöffnet wird, wenn ein Massenmedium tatsächlich das Wort Feminismus verwendet. Damit, was Feminismus wirklich ist, beziehungsweise was Feminismen wirklich sind (kritische Auseinandersetzung mit ungerechten gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnissen), hat das reichlich wenig zu tun. Oder was zumindest wegfällt, ist das "kritisch". Dass es um Herrschafts-/ Machtverhältnisse geht, wird hingegen durchaus klar. Und zwar geht es um das Verhältnis zweier als homogen gezeichneter Gruppen: Männer und Frauen.

Frage 2: Welche Männer, welche Frauen?
Unsere Gesellschaft behauptet ja bekanntermassen die Dichotomie männlich-weiblich immer und immer wieder, auch wenn offensichtlich klar ist, dass sie nicht aufgeht.
Die Idee von
Mann =
"männlicher Körper" bei Geburt (Geschlechtsorgane, Chromosomen), "männlicher Körper" nach der Geschlechtsreife (tiefe Stimme, Gesichtsbehaarung, grösser gewachsen als Frauen, mehr Muskeln als Frauen...) =
als männlich konnotiertes soziales Verhalten (da lässt sich so vieles einsetzen, z.B. aggressiv aber rational, nicht an Gefühlen und Worten interessiert, wollen immer und überall und jederzeit Frauen ficken - sprich: dominant);
stimmt auf so vielen Ebenen nicht. Offensichtlich. Denn es gibt Männer ohne Penis, Männer mit hoher Stimme, Männer, die lieber mit Männern als mit Frauen schlafen, Männer, die an Gefühlen und Worten sehr interessiert sind (ich persönlich treffe eigentlich nur solche -oh, Wunder- Männer sind auch vielschichtige Menschen, noch bevor sie Männer sind). Und das, was diese Männer gemeinsam haben, ist einzig das Label "Mann", dem sie sich aufgrund des Label-Zwangs zugeordnet haben. Jeder Mensch muss entweder oder sein. Dass man nur durch das Wissen um das Label einer Person noch nichts über die Person selbst aussagen kann (ich bin zum Beispiel bisweilen auch sowohl aggressiv als auch rational) und schon gar nicht von Äusseren eines Menschen auf irgend etwas schliessen kann, liegt auf der Hand. 

Immer wieder der Geschlechterkrieg
Nun was macht dieser Titel, wenn er schreibt „Frauen und Männer“? Dem Es-gibt-zwei-und-nur-zwei-Geschlechter-Modell nach würde das ja bedeuten „alle Menschen“. Wäre der Titel „Feminismus ärgert alle Menschen“ also auch denkbar? Nein wäre er nicht, denn der ganze Sinn dieses Artikel besteht darin, den sogenannten Geschlechterkrieg mal wieder zu proklamieren:
„Männer und Frauen haben genug vom Gezänk um die Gleichstellung.“, Titelseite
wobei sie ihn ja erst anstacheln, beziehungsweise gerade aktiv selber führen.
Wenn wir schon dabei sind, können wir die Idee des Geschlechterkriegs als das sehen, was er wirklich ist? Bitte! Es ist nämlich kein Krieg zwischen einzelnen „Männern“ und „Frauen“, die sich als ebenbürtige Gegner bekämpfen, wie das gerne dargestellt wird, sondern ein „Krieg“ zwischen solchen Menschen und Institutionen (z.B. Zeitungen), die finden, Machtungleichheiten und die damit einhergehenden Einschränkungen von Individuen seien eine gute Sache (auf dieser Seite sind halt meistens Menschen und Institutionen, die von dieser ungleich verteilten Macht mehr besitzen als die anderen) und eben den anderen, die solche Ungerechtigkeiten des Systems keine gute Sache finden. (Dies könnte man vielleicht als weitere Definition von „Feminismus“ nehmen – die Ungerechtigkeiten des Systems nicht als einfach gegeben und vor allem nicht als eine gute Sache hinnehmen, sondern ein gerechteres System anstreben)
Na, machen wir mal weiter mit den Fragen an den Artikel – denn es kommt noch alles so viel schlimmer. Und zwar der zweite Satz des Artikels:
„Zwei Drittel finden, es reiche mit der Emanzipation der Frauen, so eine Studie.“

Frage 3: Welche Studie?
Auf Seite 2 wird erklärt:
„Eine nicht repräsentative Umfrage von 20 Minuten mit über 8500 Teilnehmern“.
Ach so, nicht repräsentativ, okay und 8500 klingt nach viel, ist es aber nicht. Es scheinen 8500 gelangweilte Menschen auf der Homepage von 20 Minuten mal ein Ja angehäkelt haben auf eine Frage wie „nervt Sie Feminismus?“, schwer vorstellbar, dass die Umfrage auf der Strasse oder gar in Büros in strukturierten Interviewsituationen durchgeführt wurde. Vielleicht konnte man auch zwei Mal oder drei Mal stimmen. Wer hat da gestimmt? Wer war auf dieser Homepage? (ich bin da nämlich beispielsweise nie) Warum haben diese Menschen wohl beschlossen, bei dieser Umfrage mitzumachen – Selektionseffekt? Haben alle das richtige Geschlecht angegeben, wahrscheinlich war es ja eine Online-Umfrage? Wie waren die Fragen aufgebaut?
Also von einer wissenschaftlichen Studie mit einer repräsentativen Stichprobe an Befragten und einem Fragenkatalog, kann keine Rede sein, nur schon irgendein Konzept oder ein halbwegs wissenschaftliches Forschungsinteresse – weit gefehlt. Ich meine – sorry, was will diese „Studie“ herausfinden? Und wozu? Was ist eigentlich der Sinn der Sache? Hä?
Na, lassen wir das, das verlorene Liebesmüh, jedenfalls – es ist Polemik, was hier betrieben wird, und nur das, noch nicht mal Populärwissenschaft lässt sich das nennen.

Zur Aussage der lustigen Umfrage:
„Genug von den Kampagnen für Frauenquoten und Lohngleichheit (...) 81 Prozent finden, dass genug für die Emanzipation getan worden ist.“
Entschuldigung, aber irgendwo .. also echt ... was soll ich dazu sagen/schreiben?! Wieso wird in der meistgelesenen Zeitung der Schweiz Menschen, die ernsthaft der Meinung sind, es solle aufgehört werden für Lohngleichheit zu kämpfen, so viel Platz zugestanden?! Dieser Artikel ist also nicht etwa ein harmloser polemischer Denkanstoss zur Genderthematik (nicht dass es den in Wahrheit jemals überhaupt gäbe), sondern er ist dezidiert ungleichheitsfördernd beziehungsweise -bewahrend:
Vor allem das Thema Lohngleichheit hänge vielen zum Hals heraus. Wir wissen es langsam, sagt Hunziker.“ (Oliver Hunziker, Präsident der Organisation Verantwortungsvoll erziehende Väter und Mütter)

Ähm ja, das Thema hängt mir auch zum Hals raus, es ist ein unangenehmes Thema und nur zu sehr wünschte ich mir, wir müssten nicht mehr darüber sprechen. Solange aber geschlechtsbedingte Diskriminierung beim Lohn (sprich: Frauen verdienen weniger, weil sie Frauen sind) noch eine absolut unbestrittene Tatsache ist, müssen wir darüber reden:

Quelle: Bundesamt für Statistik, Zahlen von 2010


Nur weil das irgend jemanden nervt, der davon nicht betroffen ist (beispielsweise eben der Herr Hunziker) gibt man doch dem nicht so eine Plattform. Als wäre das eine legitime Meinung, die man halt so haben kann und nicht pure sprachliche Gewaltanwendung.
Er lässt sich nochmals zitieren, der Herr:
Viele Männer, aber auch junge Frauen haben zunehmend die Nase voll vom Geklöne der Feministinnen‘, (...)“
Es wird also das Wort den in diesem Fall Privilegierten („Männer“ und vielleicht auch „junge Frauen“, die wahrscheinlich kinderlos sind – wie sehen sie Anstellungsverhältnisse dieser Menschen aus?) gegeben. Und: Privilegierte haben schlichtweg kein (moralisches) Recht, sich darüber zu beschweren, dass sich die Minderprivilegierten wehren. Dass sie es trotzdem tun ist aber auch logisch, da sie ja eben etwas zu verlieren haben. Vielleicht ist es schlichtweg naiv von mir zu finden, dass die meistgelesenste Zeitung der Schweiz (die noch dazu gratis ist, also nicht auf KäuferInnen angewiesen ist), nicht einfach um Aufmerksamkeit zu bekommen (die hat sie ja eh schon) den Privilegierten soviel Platz zugesteht, mal ein bisschen nach unten zu treten.
Sie hätte den Platz mal besser dazu genutzt, eben auf die Missstände aufmerksam zu machen, beziehungsweise Strategien aufgezeigt, wie sich diese verkleinern liessen. Nur dazu hätte sich halt nicht so einen catchy Titel setzen lassen.
Hätte aber mir meine Heimfahrt von der Arbeit – wie viel verdienen da eigentlich meine männlichen Kollegen? – nicht mit 20 Minuten Ärger ruiniert.
Und neben mich hat sich unterdessen ein Mann in meinem Alter gesetzt, der am Telefon ist mit Laura und ihr auf äusserst einfühlsame Weise zu helfen versucht, wie Laura denn nun ihrem „neuen Mann“ (nicht er, ein anderer) gegenübersteht, was sie von ihm will, wie sie sich ihm gegenüber verhalten soll. Ich lege die Zeitung weg und höre zu. Zum guten Glück sind „Männer und Frauen“ manchmal (meistens?) einfach nur Menschen, die sich trotz diesem allgegenwärtigen Bombardement von Geschlechterkriegsrhetorik und Antifeminismuspolemiken einander gegenüber respekt- und liebevoll verhalten. Und das ist doch eigentlich schon eine unglaubliche Leistung. Ich möchte den jungen Mann am liebsten umarmen und ihm danken, dass er Laura ein so guter Freund ist. Ich stehe auf, schmeisse die Zeitung in den dafür vorgesehenen Abfalleimer und steige –ausgekotzt – aus dem Zug aus.
Alltag. Ein Tag, wie so viele andere.

Freitag, 8. März 2013

Der internationale Tag der Frau

Von Evelyne


8. März: Heute ist der internationale Tag der Frau, der dieses Jahr unter dem offizellen UN-Motto "Time for action to end violence against women" stattfindet.
Auch wenn es natürlich nicht erstrebenswert ist nur an einem Tag im Jahr auf die Interessen der Frauen aufmerksam zu machen, kann er mediale Aufmerksamkeit generieren. Ich nehme den 8. März zum Anlass Fakten aufzuzählen, um die ewige Frage "was ist eigentlich dein Problem?" wieder einmal zu beantworten.
Die Liste ist natürlich beliebig zu ergänzen.

Unsere Vorreiterinnen

 

Probleme in der Schweiz:

  • Bundesgesetz über die Gleichstellung: Das Diskriminierungsgesetz (Art 3) verbietet Arbeitnehmer_innen aufgrund ihres Geschlechtes direkt oder indirekt zu diskriminieren.
  •  Frauen verdienen durchschnittlich 1176 Fr./Monat oder 18,4% weniger als Männer (Differenz Medianlohn brutto pro Monat; gem. Lohnstrukturerhebung 2010 des BfS), auch bei gleichen Anforderungen. 
  •  Nach wie vor tragen die Mütter die Hauptverantwortung für Erziehung und Betreuung der Kinder ("Unbezahlte Arbeit").
  •  Die Familie und das Heim gelten in der öffentlichen Meinung nur als Orte der Erholung, Geborgenheit und des Konsums. Ihre volkswirtschaftliche Bedeutung wird verkannt.
  • Qualifikationen, die durch Haus- und Familienarbeit erworben werden, werden auf dem Arbeitsmarkt kaum anerkannt. Ihr Beitrag zum gesamtwirtschaftlichen Wohlstand schlägt sich nicht in entsprechenden Leistungen der Sozialversicherungen nieder.
  • Nicht zuletzt aus diesen Gründen sind in der Schweiz viel mehr Frauen als Männer von Armut betroffen.
  • Erfreulich: Der Anteil der Haushalte mit gemeinsamer Verantwortung für Haus- und Familienarbeit stieg zwischen 2000 und 2004 im schweizerischen Durchschnitt von 10,3% auf 13,2%.
  • Dagegen sank der Anteil der Haushalte, in denen die Hauptverantwortung hauptsächlich bei der Mutter liegt von 87,2% auf 82,9%.
  • Trotz dieser Tendenzen sind nach wie vor die Mütter hauptsächlich für Haus- und Familienarbeiten zuständig
  • Gegenwärtig beträgt der Frauenanteil im Nationalrat 26% und im Ständerat rund 24%. Damit nimmt die Schweiz heute im europäischen Vergleich zusammen mit Österreich eine Mittelposition ein.

Probleme International:

  • Je nach Quelle werden weltweit zwischen 600'000 und 2,4 Millionen Opfer von Menschenhandel geschätzt, oft ist dies Verbunden mit dem Zwang zur Prostitution.
  • Das Bundesamt für Polizei schätzt, dass in der Schweiz 1'500 bis 3'000 Personen, meist Frauen betroffen sind. Seit 1998 sind frauenspezifische Fluchtgründe im Schweizerischen Asylgesetz verankert. Art. 32 des Asylgesetz wurde ergänzt mit dem Satz: „Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen“.
  • In Schottland wurde in einer Studie 2009 festgestellt, dass 70% der asylsuchenden Frauen in ihrem Leben Gewalt und/oder sexuelle Gewalt erfahren haben.
  • Weltweit sind zwischen 100 und 140 Millionen Mädchen und Frauen genital verstümmelt. Jedes Jahr kommen 3 Millionen dazu, das sind 8000 pro Tag oder alle 11 Sekunden ein neues Opfer.
  • Weltweit ist jede Dritte Frau in ihrem Leben geschlechterbasierter Gewalt ausgesetzt.
  • Im Bereich der Medien (TV, Musikvideos, Werbung, Presse) ist die Unterdrückung von Frauen meist subtiler. Trotz gesetzlicher Gleichstellung werden Frauen häufig auf untergeordnete Weise und lediglich mit dekorativer Funktion gezeigt.