Dienstag, 27. November 2012

Die exotisch-geheimnisvolle Scheherazade tanzt am Samstag an der ETH

von Jasmine

So, da steht nun schon seit ein paar Wochen eine riesige Wunderlampe vor dem ETH Zentrum Hauptgebäude, denn diesen Samstag findet mal wieder der Polyball statt. Diesmal unter dem wunderbar exotischen Motto:
SCHEHERAZADE - 1000 GESCHICHTEN UND EINE NACHT

Mit Wunderlampe - und ist das im Hintergrund etwa ein Minarett? In Zürich?!

wie auf der Homepage des Polyballs geschrieben steht:
"Wir möchten unsere Gäste in diesem Jahr in den märchenhaften Orient entführen, dort, wo die Grenzen zwischen Geschichte und Wirklichkeit fliessend sind und an jeder Ecke neue Eindrücke und Wunder warten." Aha, so ist das also.
und weiter:
"Denn dieses Jahr warten am Polyball die Geheimnisse des Orients darauf, von Ihnen gelüftet zu werden, die alten Geschichte werden Sie entführen in eine traumhafte, exotische Welt, die zum Tanzen, Feiern und Geniessen einlädt und Sie nicht mehr loslassen wird."

Und wenn der Orient dann schon das Motto des Abends ist, gibt es natürlich auch allerhand lustige orientalische Dinge zu tun. Von exotischen Speisen und Gewürzen, über Alladin und Karawanen, hin zu Ali Baba werden alle Klischees vom lüsternen exotischen Orient abgedeckt. Ja es gab sogar eine Werbeaktion mit Kamelen auf der Polyterasse (ja, ernsthaft!!):


Fast schon erstaunlich, dass nicht noch ein exklusives, geheimnisvolles Harem-Erlebnis für "den Zürcher Studenten" abgeboten wird. Obwohl die Anpreisung des geheimnisvollen Orients an ein "Sie", das als ein europäisches, schweizerisches, studentisches Sie gedacht wird, auch ohne Harem haarsträubend genug ist.
Es gibt da so eine Sache, die heisst Orientalismus, liebe Polyball-OrganisatorInnen. Und das Mystifizieren dieser geografischen Region, die es übrigens sehr real gibt und die kein Märchen ist, ist die eine Seite der Orientalismus-Medallie. Die andere Seite lautet schnell zusammengefasst in etwa folgendermassen: "Die unaufgeklärten Araber unterdrücken ihre Frauen." Es scheint sich bei diesen beiden Dingen nicht um dasselbe zu handeln, tut es aber doch, da über beide Wege - das Zelebrieren des erotischen, exotischen, geheimnisvollen Orient, wie auch über die sogenannte Kopftuchdebatte nicht nur eindeutig ein scheinbar homogener Raum geschaffen wird, der nicht hier ist, sondern dieser auch abgewertet wird. Denn auf diesen Raum lässt sich bequem alles hier (sprich im "Westen" oder in Europa) Unerwünschte projizieren: Er, der andere Ort, der Orient, ist nicht nach Regeln des rationalen Denkens (wie gerade die ETH dies ja bestimmt von sich behauptet) strukturiert, sondern konstituert sich über "niedere Triebe". Der gewalttätige "arabische" Mann auf der einen Seite, der (im Gegensatz zum "westlichen" Mann) seine Frau unterdrückt; die verführerische "arabische" Frau auf der anderen Seite (die sich gerne dem "westlichen" Mann und seinen heimlichen Begierden annimmt).
Womit wir bei Scheherazade wären. Sie ist die Frau, die in der Märchensammlung "Tausendundeine Nacht" als Erzählerin der einzelnen Geschichten auftritt. Sie erzählt die Geschichten um zu überleben, denn der von seiner Frau betrogene König lässt Scheherazade nur deshalb nicht nach der Hochzeitsnacht umbringen, wie viele Frauen vorher, weil sie eben so gut erzählen kann. Und das macht sie dann 1001 Nacht lang, wonach der König sich entschliesst, sie nun nicht mehr zu töten, weil sie ihn davon überzeugen konnte, dass Frauen klug und treu sein können (wenn sie es nicht sind, gehören sie ermordet). Und an dieser Stelle kommt mein Lesetipp - ein echt verdammt gutes Buch, das den bezeichnenden Titel "I Killed Scheherazade. Confessions of an Angry Arab Woman." trägt. Geschrieben von der libanesischen Schriftstellerin Joumana Haddad.

Buchcover

"Dear Westerner" schreibt sie und richtet dieses Buch direkt an die Leserschaft aus dem Westen und rechnet fulminant mit den Fremdzuschreibungen ab, die ihr als "arabische Frau" zugeschrieben werden: "I am not interesting because I am 'Arab'. I am not interesting beacause I am an 'Arab woman'. I am not interesting because I am an 'Arab woman writer'. (What a disastrous classification, especially for a label-phobic like me.)" Sie erzählt ganz im Sinne von das Persönliche ist Politisch ihre persönliche Geschichte und schreitet im letzen Kapitel zur Tat - zur Ermordung von Scheherazade, da der Mythos um sie verletzend und einschränkend ist.
Ich lasse euch gleich einen Teil dieses letzen Kapitels lesen (weil's so schön und gut ist), vorher aber nochmals zurück zu den PolyballorganisatorInnen: Nächstes Mal vielleicht überlegen, ob das-so-tun-als-wären-wir-zu-Besuch-in-einem-fremden-"Land" wirklich so eine gute Idee ist. Und ich kann euch die Antwort gerade geben: Nein. Bitte nächstes Mal nur ein klitzekleines Bisschen mehr Feingefühl und Reflexionswillen an den Tag legen. Ich meinerseits verkleide mich am Samstag Abend jedenfalls nicht als Jasmine, um mit Alladin auf seinem fliegenden Teppich Wasserpfeife zu rauchen. Und alle die das Lesen: Das besagte Buch ist eine sehr gute Alternative!

Und hier also das versprochende Zitat von Joumana Haddad:
"I've never been a big fan of Scheherazade. (...) You see, Scheherazade is constantly celebrated in our culture as an educated woman who was resourceful, and imaginative, and intelligent enough to save herself from death by bribing 'the man' with her endless stories. But I've never really liked this 'bribing the man' scheme. For one thing, I believe it sends women the wrong message: 'Persuade men, give them the things that you have and they want, and they'll spare you.' Correct me if I'm wrong, but it seems obvious that this method puts the man in the omnipotent position, and the woman in the compromising, inferior one. It does not teach women resistance and rebellion, as implied when the character of Scheherazade is discussed and analysed. It rather theaches them concession and negotiation over their basic RIGHTS. It persuades them that pleasing the man, wheter by a story, or a nice meal, or a pair of silicone tits, or a good fuck, or whatever, is the way to make it in life.
And this is considered inventiveness?
And this is considered resistance?
Call me short-sighted, but I don't think so.

I've never been a big fan of Scheherazade - who, to make matters worse, is nauseatingly cherished by the Orientalists - even though I really loved reading and re-reading The Arabian Nights. Her character, I am convinced, is a conspiracy against Arab women in particular and women in general. Obviously, the poor lady did what she had to do. I am not judging her for that. In fact, I might have very well done the same, had I been in her delicate position. I've just had enough of people (especially in the West, but in the Arab world as well) turning her into a heroine, the symbol of Arab cultural female opposition and struggle against men's injustice, cruelty and discrimination. She's just a sweet gal with a huge imagination and good negotiation skills. Things simply needed to be put into their right perspective.
Thus, I killed her."

Samstag, 24. November 2012

Wünsche erfüllen

von Jasmine


Nachdem ich heute diesen Artikel gelesen habe : feministisches Burnout, dachte ich, ich schreibe jetzt mal über was Schönes. Werbung ist ja nicht dafür bekannt, kritisch gesellschaftliche Gegebenheiten zu hinterfragen, sondern (offensichtlich) dafür, dass sie etwas verkaufen will. Umso erfreulicher, wenn darin (Geschlechter-) Stereotype gebrochen werden, wie bei dieser Migrosbank-Werbung, die auf dem Tagi-Online zuoberst angezeigt wird seit ein paar Tagen:

  
da taucht ein Typ auf, in Lederhosen und T-Shirt, in einer rosa Welt

und kriegt die Möglichkeit, sich Wünsche zu erfüllen

und wünscht sich ein rosa Tütü, was er auch bekommt

in seinem zweiten Wunsch

wünscht er sich dann ein Motorrad

und im dritten seine Freunde, die sich mit ihm an seinem Tütü und seinem Motorrad erfeuen


Und dies alles ganz ohne unterschwellig transphobe/sexistische Botschaft. Ein Mann kann also sowohl ein Tütü anziehen, Motorrad fahren und Freunde haben. Und wer weiss, vielleicht braucht er dazu ja nicht einmal dieses Online-Sparbuch der Migrosbank? Oder ist das dann doch zu rosarot gedacht?


Donnerstag, 1. November 2012

Spuren eines Mad Man im Tages Anzeiger

von Evelyne



Heute früh war ich im Tram unterwegs zu meinem Assistentinen-Job, da fiel mein Blick auf dieses Inserat des Tagesanzeigers im Züritipp: „Was, wenn ihre Sekretärin einen spannenderen Job hat als Sie?“ Wird da gefragt. Es soll wohl Führungskräfte mit eigener Sekretärin dazu animieren darüber nachzusinnen, wie erfüllend ihr Job wirklich ist. Denn was wäre schlimmer, wenn sogar noch die Sekretärin interessantere Aufgaben hätte als der gutbürgerliche Arbeitnehmer?
Dieses Inserat bedient sich des alten sexistischen Klischees der Sekretärin, die unter Verfügungsgewalt steht und als Tippse eigentlich nur niedrige Arbeiten verrichten sollte. Ein Bild direkt aus den 50er Jahren – wohl zu viel Mad Men geschaut lieber Werber.
Der Satz impliziert die Vorstellungen, dass es Grund zur Sorge gibt, wenn die untergebene Frau interessantere Aufgaben ausführt als MAN selbst. Die gute Sekretärin muss natürlich auch weiblich sein, damit die Abwertung richtig zur Geltung kommt.
Ganz abgesehen davon transportiert das Inserat die Botschaft der gutbürgerlichen Arbeitsmoral, die nicht gebrochen werden darf. Ein Job muss vorhanden sein, auch wenn er vielleicht sehr langweilig ist – aber die Arbeitslosigkeit wäre noch eine grössere Abwertung als Sekretärin zu sein. Also bleibt nur noch der Jobwechsel; natürlich nur für die Führungskraft, nicht für die Sekretärin, die soll weiter tippen bis in alle Ewigkeit.
Das Inserat richtet sich an eine bestimmte privilegierte Gruppe von Lesern, die eine Sekretärin ihr Eigen nennen können. Zeigt das auch, welche Leserschicht der Tages Anzeiger sonst ansprechen möchte? Leute, die wie ich einen Assistentenjob ausführen (der ganz im übrigen spannend ist) werden ausgeschlossen und marginalisiert.

Naja, auch die machistischen Werber in der Serie Mad Men kriegen irgendwann die Quittung und werden wegen ihren antiquierten Ansichten durch Karrierefrauen und gegenwartsgerichtetere Karrieremännern ersetzt. In dem Moment bleibt ihnen wohl das Lachen über die Sekretärin im Halse stecken.


Sonntag, 14. Oktober 2012

Was die Weltwoche wirklich über die Genderstudies sagen wollte

von Evelyne

Also, da war doch was mit der Weltwoche letzte Woche. Haben wir zur Kenntnis genommen, jaja. Aber so wirklich ehrlich war das Ganze nicht: Was die Weltwoche wirklich über Andrea Maihofer und die Irrlehre Gender Studies sagen wollte, aber aufgrund der vermaledeiten political correctness dann doch nicht geschrieben hat (unten das Orginal):

Die Universität Basel war jahrhundertelang ein Hort der Herrschaftssicherung und Bildung für Männer aus der Oberschicht. Erasmus, Bernoulli, Burckhardt und so, das waren noch richtige Wissenschaftler! Aber dann ging es gehörig bergab. Wir deuten jetzt mal in einem Gedankenstrich an, was dann passiert ist: Zulassung der Frauen zum Studium – damit fing alles an. Und dann auch noch die Hippies und bewegten Studenten (aha und auch schon Studentinnen). Man weiss ja wohnin das geführt hat: Geschlechterforschung als eigenständiges Fach, beim Herrgott!

Gegen Frau Maihofer selbst können wir jetzt nicht wirklich viel sagen, wir wollen sie jetzt mal auch nicht auf persönlicher Ebene angreifen wie ihre Kollegen – wir sind da ritterlich galant. Aber sie ist ein Symbol, ja gar eine Allegorie (und das wissen wir ja, Symbole und Allegorien sind immer weiblich, da das Weibliche geschichtslos ist und wunderbar eine Funktion einnehmen kann - aber hier driften wir ja in die Geschlechterforschung ab, beim Herrgott!) für ein zeitgeistiges Modephänomen, das sich wie eine Epidemie ausbreitet. (Hier noch eine Krankheitsmetapher, das war die Idee vom Roger, genial der Mann, hat er sicher von seinem Freund, der sich mit Medizinhistorie auskennt). Also es ist ja so, dass diejenigen belohnt werden, die diesen Genderdings mitmachen. Also die machen Karriere, sieht man ja täglich. Und da das meist Frauen sind, ist das gleich doppelt ärgerlich. Gender Studies als Exzellenzkriterium und wer nicht mitmacht, wird bestraft. Ich sage es Ihnen, masssenweise Geld geht an die Geschlechterforschung, da wird mir ja schwindelig, da sind die Subventionen für die UBS ein Dreck dagegen, beim Herrgott!

So also nehmen wir jetzt mal die Krankheitsmetapher wieder auf: Die Geschlechterstudien wuchern landesweit an jeder Universität. Ein genialer Satz, zeigt die Geschwürhaftigkeit dieses unwürdigen Haufens. Also und jetzt kommts ganz dicke, jetzt listen wir noch auf, wie viele Gender-Vorlesungen es an den Unis gibt und was die für bescheuerte Titel haben, am besten noch mit Kommentar dazu. Also hier hab ich was gefunden, das klingt jetzt aber total nach Elfenbeinturm und unnütz, haha da werden unsere Leser gar nicht verstehen, worums hier überhaupt geht – also ich auch nicht, aber „Selbstaffirmierung und Othering in der europäischen Musikgeschichte“ das klingt also wirklich total abgehoben, beim Herrgott! Also diese Anderen, diese Genderstudies-Leute, die haben ja wohl den Kontakt zum normalen Wutbürger völlig verloren. Jetzt erwähnen wir noch die Dissertantin von Frau Maihofer, die über "den repressiven Umgang mit Linksterroristinnen in der Schweiz und das brüchige Wir des männlichen Staatsbürgers" promovierte, also der angeblich repressive Umgang, so ists besser. Gibt es noch Fragen? Also ich denke nicht, denn mein Ich und auch unser Wir ist gar nicht brüchig, dafür sorgen ich und meine Zeitung schon, beim Herrgott!

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Beschönigter Text in der Weltwoche:

Die stolze Universität Basel, die seit dem Ausgang des Mittelalters immer wieder die besten Köpfe angezogen und hervorgebracht hat – von Erasmus von Rotterdam über den Mathematikerclan der Bernoullis bis zum Historiker Jacob Burckhardt –, ist der erste und bislang «einzige Ort» der Schweiz, an dem man Geschlechterforschung «als eigenständiges Fach» studieren kann. Federführend ist das Zentrum Gender Studies, das Andrea Maihofer aufgebaut hat.

Die Geschlechterforscherin ist persönlich erfrischend offen und diskussionsfreudig. Aber sie repräsentiert ein zeitgeistiges Modephänomen, das sich wie eine Epidemie ausbreitet. Doch nicht nur das: Wer den Trend mitmacht und Forschung – wozu auch immer – unter dem Gender-Aspekt betreibt, erwirbt sich einen Zugangscode zu Karrieren, Fleischtöpfen, Fördergeldern. International, schreibt das Basler Zentrum, seien die Gender Studies «längst zum Exzellenzkriterium der Universitäten geworden». Wer mitsurft, wird ausgezeichnet. Wer sich widersetzt, wird abgestraft.

Daher wuchern die Geschlechterstudien landesweit an jeder Universität. Allein für das laufende Semester listet die Plattform www.gendercampus.ch 123 Gender-Vorlesungen auf. Die Uni Basel etwa bietet eine Ringvorlesung zu «Selbstaffirmierung und Othering in der europäischen Musikgeschichte» an. Eine Dissertantin von Andrea Maihofer promovierte mit der Arbeit «Gendering Terror» über den angeblich repressiven Umgang mit Linksterroristinnen in der Schweiz und das «brüchige Wir des männlichen Staatsbürgers». Noch Fragen?

Auch du, mother monster?

von Evelyne





Lady Gaga hatte letzte Woche ein Dinnerdate mit Wikileaks-Gründer Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London. Ich wage jetzt mal keine Beurteilung ihres Hexenhutes, aber muss doch die Frage in den Raum stellen, was das eigentlich soll. Irgendwie scheint beim Transparenz und Freiheitshelden Assange immer wieder vergessen zu gehen, weshalb er sich überhaupt in der Botschaft verstecken muss: Ihm wird in Schweden zweifache Vergewaltigung vorgeworfen, für die er sich dort vor Gericht verantworten müsste. Aus Angst vor einer Auslieferung in die USA, wo ihm eine Anklage wegen Verschwörung zum Geheimnisverrat droht, entzieht er sich nun seit Monaten der schwedischen Justiz. Verschiedene Zeitungen machen sich derweil in der Sache einen Wettbewerb daraus, die Vergewaltigungsvorwürfe als Verschwörung abzutun und Assange zum Freiheitskämpfer zu stilisieren. Nur selten wird überhaupt in Erwägung gezogen, dass die Vergewaltigungsvorwürfe berechtigt sein könnten. Typisch rape culture eben! Dem mutmasslichen Täter Assange wird wiederholt ein Forum geboten, indem er seine Zweifel am Rechtsstaat äussern kann und eine Verschwörung gegen ihn konstruiert und bedauert wird. Kaum eine Stimme fordert, dass er sich der schwedischen Justiz stellt, damit die Vorwürfe aufgeklärt werden können, bzw. damit eine Verurteilung erfolgen kann. Die schwedische Regierung hat längst versichert, dass sie Assange bei einer Drohenden Todesstrafe nicht an die USA ausliefern würden. Einem Rechtsstaat wie Schweden ist es zuzutrauen, Assange ein faires Verfahren zu ermöglichen.

Ein faires Verfahren haben die beiden Opfer Assanges bisher nicht erhalten. Sie wurden von den Medien vorverurteilt und als Lügnerinnen abgestempelt. Dabei hat Assange nach den Aussagen seines Verteidigers sehr wohl eine Frau penetriert, während sie schlief, was nur ohne ihr Einverständnis erfolgen konnte. Da sie am Tag zuvor konsensualen Sex hatten, wird dies aber in einer rape culture offenbar nicht als Vergewaltigung betrachtet. Dem Vergewaltiger wird das Recht zugesprochen, sich weiterhin am Körper der Frau zu bedienen. Im zweiten Fall bestand eine Frau, auf ein Kondom beim Sex, worauf Assange sie gewaltsam niederwarf und ohne Kondom penetrierte. Auch hier fehlt ganz klar der Konsens und macht diese Handlung zu einer Vergewaltigung. Hier wäre eine Diskussion über rape culture und darüber, wo eine Vergewaltigung beginnt, angebracht, diese findet aber in den Medien nicht statt. Die Vorwürfe werden kaum im Detail besprochen, sondern die Unschuld Assanges ohne Zweifel festgestellt.

Julian Assange hat mit Wikileaks Menschenrechtsverletzungen ans Licht gebracht und immer wieder geheime Regierungsdokumente der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, wovon diese ohne Frage profitieren konnte und ein genaueres Bild über die zum Teil fragwürdigen politischen Aktionen von legitimierten Demokratien erhalten hat. Dieser Verdienst hat aber keinesfalls mit den Vergewaltigungsvorwürfen gegen den Mann zu tun.

Leider werden gerade Leute, die sich in einem Bereich verdient gemacht haben, gerne voreilig von jeder Schuld freigesprochen. So auch geschehen im Fall Roman Polanski oder Dominik Strauss Kahn. Im ersteren Fall engagierten sich Künstler gegen die Verurteilung im Zweiten wurde ebenfalls eine Verschwörung vermutet. Bei Strauss-Kahn stürzten sich die Medien kurz nach bekannt werden des Falles auf das Opfer und untersuchten dessen Leben unter teilweise rassistischen und klassistische Implikationen. Nicht der Täter, sondern das Opfer musste sich verteidigen und rechtfertigen, wie es in einer rape culture immer wieder geschieht.

Besonders unverständlich ist, dass gerade linke Kreise sich in der Verteidigung dieser Männer hervortaten und hervortun. (Siehe beispielsweise dieser Text bei „mein Herz schlägt Links“: Vergewaltigung der Menschenrechte,, abgesehen davon wird in diesem Text das Wort Vergewaltigung in einem anderen Zusammenhang verwendet und damit funktionalisiert und marginalisiert.) Links sein bedeutet für mich, sich unbedingt aktiv gegen Sexismus einzusetzen. Leider geht das im Fall Assange, der offenbar eine Lichtgestalt der Transparenz darstellt, vergessen.
Ein bisschen Reflexion würde in diesem Fall nicht schaden. Schaut mit wem ihr euch an einen Tisch setzt, auch du, Mother Monster.

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Nachtrag, 15.10.12: Die Basisgruppe Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Uni Wien hat einen offenen Brief an die künstlerische Leitung des “brut wien” geschrieben, welches im Oktober das Theaterstück “Assassinate Assange” aufführen wird. In diesem wird Julian Assange als entrechteter Märtyrer dargestellt.

Donnerstag, 13. September 2012



Ich veröffentliche hier einen Text, den ich zum Thema "Politische Sprache in der Schweiz" geschrieben hatte und der vom Verleger einer Zeitschrift (der mir das Thema gegeben hatte) mit der Begründung abgelehnt wurde, er sei zu hetzerisch.
Meinungen dazu?


Wenn Sprache ausschliesst  
Von Jasmine

Kriminelle Ausländer, schleichende Islamisierung, zu verschärfende Kuscheljustiz, zu überwachende Sozialschmarotzer, zu bremsende Einwanderungsflut, allesamt ausschaffen, abschieben, getrieben die Anderen, abgeschrieben der Anstand, gross geschrieben die SPRACHE DER GEWALT. So ist das heute. (War es mal anders?) Auf Plakaten prangen dunkle Hände, die Schweizer Pässe klauen, Raben, die die Schweiz fressen wie ein Biskuit, schwarze Kriegsstiefel, die auf die Schweizerfahne stampfen. Das unschuldige Weiss-Rot ist bedroht, die Heimat gefährdet. Sie muss verteidigt werden. Das Boot ist voll.
Ach nein, das ist ja was anderes, lange her, hat mit dem Jetzt nichts zu tun. Der Heimatmythos pflegt sich besser ohne Auseinandersetzung mit der Geschichte; die traditionellen Bauernhemden, die tatsächlich in den 1970er Jahren erfunden wurden[1], geben sich als Urtradition aus. Urschweizerisch, urmännlich, starke Eidgenossen begiessen sich gegenseitig mit polemischen, populistischen Gedankenergüssen. Der Schweizer das Opfer? Und die Schweizerin? Ja, die Ausländerin? Aber zurück zum Schweizer – wenn er das Opfer ist, wer ist dann der Täter? Was ist Schuld an der Ungerechtigkeit?
Ein Spätkapitalistisches System, das seine ungerechte Verteilung der Güter immer weniger verschleiern kann? Die Tatsache, dass die Eltern von 45 Prozent aller Studierenden an einer Schweizer Universität selber AkademikerInnen sind, dass die soziale Durchlässigkeit also zu gering ist?[2]
Nein – Schuld sind die Frauenhäuser, die Asylunterkünfte, die Lehrerinnen-Zimmer, beziehungsweise deren jeweilige Insassen.
Ach, das ist nur politisches Geplänkel, das ist ja nicht so ernst zu nehmen, alles halb so schlimm? Wer es sich einmal antut, auf dem Tagi-Online die Artikel-Kommentare zu lesen, wird sofort feststellen, wie sehr diese Sprache, dieses trotzige „Ich-will-jetzt-einfach-etwas-Diskriminierendes-sagen-das-steht-mir-zu-ich-bin-ein-freier-Bürger“ zum Mainstream geworden ist. Herabgestiegen von den zumindest umstrittenen Hetz-Plakaten, hat sich diese Schamlosigkeit, das eigene soziale Privileg gegen Minderprivilegierte auszuspielen, geradezu heimelig eingenistet in der warmen, idyllischen Schweizer Stube. Und dazu ein kühles Bierchen.
Direkte Demokratie, das abgenutzte, tot geredete Wort. Direkte Demokratie als diktatorisch eingesetzte Manipulationskeule – so viele Frustwähler, noch mehr Nichtwähler, zu viele Nichtwahlberechtigte, alle ohne Zugang
-->
zu klaren, sachlichen Informationen in einer Flut angsterfüllter, wuterfüllter Botschaften. Kaum entscheidbar, was davon Sinn macht.
Helfen würden da Geschichtsbücher, um die „Das Boot ist voll“ -Parole richtig verorten und darüber zu erschrecken, dass sie heute so aktuell wirkt. Nein, es droht keine durchorganisierte Tötungsmaschine, sondern Chaos, Hunger, Perspektivlosigkeit. Es ist eine andere Situation, in einer anderen Zeit, mit anderen Menschen, aber der gleiche Ausschlussrhetorik. Denn diese funktioniert immer gleich: Sie zeichnet „die Anderen“, die „Nicht-Wir“. Dass sich im „Wir“ niemand sicher fühlen kann, macht das Zeigen auf die Anderen, das sprachliche Abwerten der Anderen um so wichtiger, es rettet einen selbst vor dem Ausschluss.
Und so plädiere ich dafür, in einer Sprache frei von Polemik und Zynismus, kritisch und empathisch zu bleiben und in dieser unsicheren Zeit den Blick statt hin zu rassistischen Plakaten zum Leiden anderer hinzuwenden. Und mit den Anderen zu sprechen, nicht über sie. Und plötzlich sind sie wieder Teil des Wir.


1 Tobias Scheidegger "Stoff aus dem Traditionen sind", Rosa 45
2 Bundesamt für Statistik

Freitag, 8. Juni 2012

Das Märchen von der Jungfräulichkeit


















von Jasmine


Ich war gestern Abend im Kino und habe mir den Film Virginity Tales von Mirjam von Arx angeschaut, hier für alle den Trailer:

falls jemand das erste Lied kennt, es läuft mir seit gestern nach, konnte es aber nirgendwo finden.. ? :-)

Also ab hier SPOILER ALERT - für alle jene, die noch nichts über den Inhalt des Films erfahren wollen - nicht weiterlesen! Für alle anderen:

Virginity Tales ist ein Dokumentarfilm, der hauptsächlich die Familie Wilson aus Colorado Springs porträtiert und der erzählt, wie die in den USA sehr bekannten Wilsons das von ihnen initiierte Purity Ball Movement vorantreiben. Bei den Purity Balls handelt es sich um Tanzveranstaltungen, an denen Töchter ihren Vätern ihre Reinheit, sprich sexuelle Enthaltsamkeit, bis zur Ehe versprechen. Die Mädchen tragen weisse Kleider, die Väter geloben, ihre Töchter – auch physisch – zu verteidigen und ihnen zu helfen, bis zur Ehe rein, sprich sexuell enthaltsam zu bleiben; die Väter stecken dann weiter den Mädchen einen Ring an den Finger, der irgendwann einmal durch einen Ehering ersetzt werden wird und zum Schluss wird getanzt – Vater mit Tochter, fast schon als wäre es eine Hochzeit nur eben zwischen Vater und Tochter. Dass dieser Veranstaltung die Idee der Jungfräulichkeit zugrunde liegt, ist etwas für PsychoanalytikerInnen, aber belassen wir’s dabei. Denn sowohl die Wilsons, als auch das von ihnen angestossene Movement liessen sich enorm leicht ins Lächerliche ziehen und es ist dem Film zu Gute zu halten, dass dies nicht geschieht, denn zum (Aus-)Lachen ist die Sache nicht.

Ich habe gestern beim gedanklich Wiederkauen des Gesehenen zwei sich widersprechende Gedanken bemerkt, die sich (unkritisch) in meinem Kopf ein Rededuell lieferten:

1.     die prüden evangelikalen Amerikaner finden neue Wege, die ganz und gar nicht subtile Unterdrückung von Mädchen und Frauen wieder salonfähig zu machen, sie instrumentalisieren das allgemeine Unwohlsein bezüglich der sexualisierten (Pop-)Kultur um Mädchen das Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper abzusprechen, Sexualität generell zu verteufeln und Frauen wieder in die Rolle als Heimchen am Herd zurückzudrängen und das macht mir Angst und macht mich wütend.

2.     die gottverdammte (pun intended) 21. Jahrhundert-Orientierungslosigkeit macht mir aber auch Angst. Wenn es nun also Menschen gibt, die für sich eine Lösung gefunden haben, damit umzugehen, dass die Welt so komplex ist, wie sie ist - why not? Sie haben Antworten. Irgendwie beneidenswert und völlig nachvollziehbar. Wer bin ich, dass ich ihnen sagen dürfte, sie machen es falsch?

Heute ist das alles einmal überschlafen, ich habe mir eine amerikanische Talkshow (der Vater Randy Wilson ist auch als Gast zugegen, ab Teil 2 - einfach rechts die Fortsetzungen anklicken) angesehen zum Thema:
 

und dann noch eine Schweizer Radiosendung (dazu später) angehört und ich verstehe jetzt, dass die beiden Gedanken von gestern sich eigentlich gar nicht widersprechen, sie sind einfach zwei Aufnahmen von unterschiedlichen Standpunkten her:
 So sagt auch Jessica Valenti (Mitbegründerin von feministing.org und eine der Stimmen gegen die Purity Balls in den USA - ich bin übrigens ein erklärter Fan von ihr) in der besagten Talkshow: Es ist völlig okay, wenn einzelne Menschen sich entschliessen, keinen Sex zu haben (ab 6.49 min ist sie zu sehen, im 4. Teil um 2.20 min sagt sie obiges Zitat).Und dem stimme ich vollumfänglich zu, das meine ich damit, wenn ich finde, dass jede(r) für sich einen Weg finden soll, sich in der Welt zurechtzufinden und wenn das über Enthaltsamkeit geht, warum nicht, das ist es, was ich nachvollziehbar finde. Denn es ist ihre persönliche Entscheidung ihre Sexualität so zu leben, wie sie dies wollen – in diesem Falle eben nicht (körperlich). Sei das vor der Ehe oder generell oder während der Ehe, oder auch ohne überhaupt an die Ehe zu denken, weil sie das so wollen.

Das Problem ist aber, dass das Umgekehrte im Weltbild der Wilson-Familie im Spezifischen, aber auch der radikalen Enthaltsamkeitsbewegung (in den USA) nicht funktioniert, weil junge Frauen, und wohl etwas weniger aber auch junge Männer, die sich nicht an diese Purity-Regeln halten, eben nicht rein sind, etwas negatives sind, falsch leben. In der Talkshow ist die Rede von gefallenen Frauen, und im Film reagieren die Wilson-Eltern mit Unverständnis auf die Frage, ob sie es akzeptieren würden, wenn ihre Töchter vorehelichen Sex hätten. Denn eine solche Situation scheint gänzlich undenkbar zu sein. Die Wilsons sprechen dann, offensichtlich von der Frage verwirrt zuerst von unconditional love, die sie ihren Töchtern gegenüber bringen würden, dann sagen sie aber auch, dass, wenn die Töchter in Gefahr seien, der Vater seine Töchter „physisch beschützen“ würde, man denkt dabei an sein Schwert, das er immer mal wieder zu rituellen Zwecken zückt. Die Wilsons fordern also Toleranz gegenüber ihrer Vorstellung davon, wie man tugendhaft und richtig lebt, sind aber nicht bereit, diese Toleranz anderen Menschen mit anderen Lebensentwürfen entgegenzubringen.
Ebenso sagt der Vater Randy im Film, dass auch wenn jemand alle guten Taten leistet, wenn er oder sie dies nicht im Namen Jesus’ macht, diese Person trotzdem in die Hölle komme. Was es dann schon sehr schwierig macht, ihn in seinen Überzeugungen ernst zu nehmen und ihm wohlwollend seine Meinung zuzugestehen (da er das umgekehrt absolut gar nicht tut, kein klitzekleines bisschen).

Die Wilson-Kinder sind allesamt homeschooled, das heisst, die Mutter unterrichtet sie – Kreationismus, keine Einmischung der Regierung ins Persönliche, und da sie von Algebra nichts versteht, betet sie, dass das Wissen darum von Gott kommt... Also diese völlige Abschottung von der Aussenwelt, die mangelhafte Ausbildung der Kinder, die empfinde ich auf individueller Ebene als nicht okay, weil so den Kindern die Chance aberkannt wird, selber denken zu lernen, die Welt selber verstehen zu lernen. Es handelt sich bei den Wilsons um ein völlig in sich geschlossenes System, das totalitär funktioniert, der Anführer ist der Vater. Und dieser wird nicht müde zu betonen, dass es der Wunsch der Kinder sei, rein zu bleiben, er unterstütze und begleite nur. Dass die Kinder sich nie selber entscheiden konnten, wird komplett verleugnet. Und seine Führer-Postition zeigt sich deutlich, wenn er die vor ihm knienden Kinder nacheinander segnet, wenn er den Jungen mit einem Schwert zum Krieger schlägt, wenn er den Mädchen eine Mitgifttruhe trümmert, wenn er den zukünftigen Ehemännern seiner Töchter einen Brief schreibt, wenn er die Kinder selbst verheiratet, wenn seine Frau ihn ihren Leader nennt. Die permanente Verleugnung seiner Machtposition ist schwer verdaulich, vor allem verknüpft mit seiner charismatischen, sanften Art habe ich diesen Mann fast nicht ertragen, der seine Söhne und Schwiegersöhne in den Krieg schickt und seinen Töchtern keine Ausbildung zukommen lässt, sodass die älteste Tochter dann irgendwo auf einer Militärbasis sitzt, alleine zu Hause, wartend darauf, bis (und ob überhaupt) ihr Mann wieder zurück kommt.

Und da liegt nun wieder das Problem nicht hauptsächlich bei den Wilsons, sondern in der Tatsache, dass sie nun als Paradebeispiel für eine enorm mächtige Bewegung stehen – die erzkonservativen Rechten, die auf schreckliche Weise Religion mit Krieg verknüpft. Während nämlich die Frauen rein bleiben bis zur Ehe und dann gute Ehe- und Hausfrauen zu sein haben, werden die Männer zu Kriegern erzogen. Der kleine Junge der Wilsons hat es als grosses Ziel auf die Militärschule Westpoint gehen zu können und dem Feind in die Augen blicken zu können, die bereits verheirateten ältesten Töchter sind beides Army Wives, das heisst, ihre Männer kämpfen in den Kriegen, die die USA führen. Zudem ist Randy politisch sehr engagiert, auch wenn er das fadenscheinig bestreitet: „Es geht nicht um Politik, es geht darum, Entscheidungsträger zu beeinflussen.“ Er ist beim Family Research Council tätig, einem politischen Think Tank, der gegen Frauenrechte (gegen Zugang zu medizinisch sicheren Schwangerschaftsabbrüchen, gegen Zugang zu Verhütungsmitteln, natürlich gegen Sex vor der Ehe), gegen LGBTQ-Rechte (das Hauptengagement ist gegen die sogenannte Gay Agenda, sie vermischen stets Pädophilie mit Homosexualität) kämpft, dafür aber die Todesstrafe befürwortet (so viel zu pro life) und der, ja, ich kann es nicht anders ausdrücken, einen Glaubenskrieg führt/ führen will, gegen jegliche Einmischung des Staates ins Private, für jegliche Einmischung Amerikas in andere Länder, so scheint es.
Hier ein Video, das im Film ebenfalls vorkommt, wo Randy auch involviert ist- den Watchmen on the Wall, eine assoziierte Priestervereinigung, die sich politisch vernetzt:



Und, das muss ich jetzt so ausdrücken, this pisses me off! Die christliche Botschaft instrumentalisieren, um Hass und Krieg und Unterdrückung der Frauen zu propagieren und das noch so verdammt erfolgreich, das finde ich eine äusserst üble und besorgniserregende Sache.

Aber, und das gilt es festzuhalten, diese Bewegung findet ja nicht im luftleeren Raum statt, wie ich bereits angetönt habe und es handelt sich dabei auch nicht um ein Portrait einer US-amerikanischen Freakshow, sondern um eine gesellschaftliche Entwicklung, die auch in meinem Umfeld (was das genau ist, ist ein eigenes Buch wert) spürbar ist. Eine Reaktion auf Haltlosigkeit. Und ich verstehe, wie eine solche Familie und auch wie ein Wissen darum, was gut, was böse ist, eine enorme Stabilität gewährt. Dass Väter mit ihren Kindern etwas unternehmen, ist wunderbar, und die Wärme der Wilsons schien nicht nur gekünstelt. Ich plädiere dafür, dass jeder und jedem das Recht zugestanden wird, den eigenen Weg zu finden, mit Orientierungslosigkeit, mit der Übersexualisierung der Gesellschaft, mit spirituellen/religiösen Fragen umzugehen – ohne Gewalt! Einfach echt ohne Waffen, ohne totalitäre (Familien-)Regimes, ohne die Möglichkeiten der einzelnen Menschen in den Systemen einzuschränken (so weit das möglich ist), ohne Mädchen ihr Recht auf eine Ausbildung und eine eigene Identität, ein eigenes Leben abzusprechen ohne anderen mit Gewalt etwas aufzuzwingen (Stichwort Andersgläubigen, Andersliebenden, Anderslebenden!)

Und nach diesem etwas pathetischen Schluss, aber ich fühle mich im Rahmen dieses Themas wirklich gezwungen, das zu schreiben, auch wenn es eigentlich klar sein sollte, noch der Link zur oben erwähnten Radiosendung von DRS1 – die sich mit dem Mythos Jungfräulichkeit auseinandersetzt:


 Nicht nur im Bezug auf die neue Keuschheitsbewegung, sondern mit Blick auch auf früher, was es z.B. bedeutet hat, wenn im Frauen im Kloster und nicht in einer Ehe lebten, dass es medizinisch eben ein so etwas wie Jungfräulichkeit gar nicht gibt und auch fragt, was denn die Jungfräulichkeit überhaupt beenden (?) kann - nur vaginaler heterosexueller Geschlechtsverkehr? Zudem sprechen drei Menschen zum Thema, wie sie die Frage Jungfräulichkeit für sich geklärt haben und eine Kulturwissenschaftlerin erläutert den Kontext und spricht über ihre Untersuchungen zum Thema. Sehr empfehlenswert!!