Donnerstag, 1. November 2012

Spuren eines Mad Man im Tages Anzeiger

von Evelyne



Heute früh war ich im Tram unterwegs zu meinem Assistentinen-Job, da fiel mein Blick auf dieses Inserat des Tagesanzeigers im Züritipp: „Was, wenn ihre Sekretärin einen spannenderen Job hat als Sie?“ Wird da gefragt. Es soll wohl Führungskräfte mit eigener Sekretärin dazu animieren darüber nachzusinnen, wie erfüllend ihr Job wirklich ist. Denn was wäre schlimmer, wenn sogar noch die Sekretärin interessantere Aufgaben hätte als der gutbürgerliche Arbeitnehmer?
Dieses Inserat bedient sich des alten sexistischen Klischees der Sekretärin, die unter Verfügungsgewalt steht und als Tippse eigentlich nur niedrige Arbeiten verrichten sollte. Ein Bild direkt aus den 50er Jahren – wohl zu viel Mad Men geschaut lieber Werber.
Der Satz impliziert die Vorstellungen, dass es Grund zur Sorge gibt, wenn die untergebene Frau interessantere Aufgaben ausführt als MAN selbst. Die gute Sekretärin muss natürlich auch weiblich sein, damit die Abwertung richtig zur Geltung kommt.
Ganz abgesehen davon transportiert das Inserat die Botschaft der gutbürgerlichen Arbeitsmoral, die nicht gebrochen werden darf. Ein Job muss vorhanden sein, auch wenn er vielleicht sehr langweilig ist – aber die Arbeitslosigkeit wäre noch eine grössere Abwertung als Sekretärin zu sein. Also bleibt nur noch der Jobwechsel; natürlich nur für die Führungskraft, nicht für die Sekretärin, die soll weiter tippen bis in alle Ewigkeit.
Das Inserat richtet sich an eine bestimmte privilegierte Gruppe von Lesern, die eine Sekretärin ihr Eigen nennen können. Zeigt das auch, welche Leserschicht der Tages Anzeiger sonst ansprechen möchte? Leute, die wie ich einen Assistentenjob ausführen (der ganz im übrigen spannend ist) werden ausgeschlossen und marginalisiert.

Naja, auch die machistischen Werber in der Serie Mad Men kriegen irgendwann die Quittung und werden wegen ihren antiquierten Ansichten durch Karrierefrauen und gegenwartsgerichtetere Karrieremännern ersetzt. In dem Moment bleibt ihnen wohl das Lachen über die Sekretärin im Halse stecken.


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